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Der Streetworker: Wie weit darf Parteiwerbung gehen?
4 min 2024-09-26

Der Streetworker: Wenn man vorgibt, jemand anders zu sein, um Politik zu machen

Der Streetworker (TikTok: @der.streetworker) startet regelmäßig Livestreams auf TikTok, in denen er augenscheinlich mit Regenbogenbrille und Aufklebern auf dem Outfit vorgibt, der LGBTQ-Bewegung anzugehören. Tatsächlich setzt er sich politisch unter seinem Account "Der Fürst" (TikTok: @der..fuerst) für die Partei AfD ein.

Er gibt selbst an, dass es sich beim Account "Der Streetworker" um Satire handelt, wenn auch sehr versteckt und für die meisten Zuschauer der Livestreams gar nicht ersichtlich.

Kritik

Die grundlegende Kritik liegt darin, dass ein falsches Bild vermittelt wird. Viele seiner Aussagen der Kunstfigur sind polarisierend und extremistisch. Beispielsweise bezeichnet er in einem TikTok, das knapp eine halbe Million Zuschauer erreichte, Fans der Nationalmannschaft, die Fahnen schwenken, als "Faschos". In einem anderen fordert er: "Stoppt die EM" aufgrund von nationalistischen Rufen, womit wahrscheinlich die grundlegenden Jubelrufe der Fußballfans gemeint sind. Fast 3.500 Kommentare zeigen, dass für viele die Kunstfigur nicht ersichtlich wird; weitere Hinweise, dass es sich um Satire handelt, gibt es beim Schauen des Videos nicht.

In einem Gespräch sagt er von sich selbst, die Inhalte zu produzieren, um zu "provozieren", und wisse, dass seine Kunstfigur nicht die Mitte, sondern eine "sehr extreme" Person innerhalb der linken oder LGBTQ-Szene widerspiegle.

Das Problem liegt darin, dass durch diese Form von politischem Einsatz ein extremes Bild einer Gruppe vermittelt wird, wodurch grundlegende Anfeindungen und Ablehnungen gegenüber dieser entstehen könnten. Seine Livestreams haben im Durchschnitt mehrere Hundert bis Tausend Zuschauer, die Mehrheit von denen wahrscheinlich nur wenige Minuten im Stream sind. Für Personen, die sowieso wenig von der Community mitbekommen, kann eine solche uneingeordnete Erfahrung Wut und Abneigung hervorrufen. Kommentare unterstützen die These; nicht selten kommentieren politisch rechte Accounts, die seine Figur beleidigen, abwerten und sich darüber lustig machen.

Antwort auf Kritik

Er selbst betont, dass er am Ende der Streams und teilweise in den Unterhaltungen mit Zuschauern die Situation auflöst. Dass diese Auflösungen von Tausenden Zuschauern, die nur wenige Minuten dabei sind oder nur seine TikToks konsumieren, gar nicht wahrgenommen werden, lässt er außen vor.

Auf die Frage, welche konkreten Forderungen er vertritt, nennt er keine spezifischen, sagt jedoch, dass er versuche, zum Denken anzuregen und dass er eine LGBTQ-Agenda ablehne. Diese äußere sich laut dem Fürsten beispielsweise an Behörden und Schulen, an denen von Lehrern Nicht-Gendern schlecht benotet wird.

Darüber hinaus sieht er sich als Gegenpol zu Satirikern wie Jan Böhmermann, der auf X (Twitter) linke Positionen vertritt. Egal wie kritisch man Jan Böhmermann sehen kann und seine Rhetorik als manipulativ ansieht, dass er sich als Teil einer Gruppe ausgibt, deren Position er gar nicht vertritt, kann man ihm – anders als dem Streetworker – nicht unterstellen.

TikTok, Politik, Aktivismus
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