Säulen der Demokratie
Die Demokratie gilt als eine der relevantesten Errungenschaften moderner Gesellschaften. Doch was hält sie eigentlich zusammen? Welche Grundprinzipien müssen erfüllt sein, damit ein Staat als demokratisch gelten kann? Dieser Artikel erklärt die fünf wesentlichen Säulen der Demokratie.
Definition
Ein einheitliches, allgemein anerkanntes Modell der "Säulen der Demokratie" gibt es nicht. Durch die Definition von "Demokratie" der Oxford University lassen sich jedoch fünf grundlegende Säulen ableiten.
Ein Regierungssystem, das durch die gesamte Bevölkerung oder alle berechtigten Mitglieder eines Staates getragen wird, in der Regel durch gewählte Vertreter.
[Q1: Oxford Languages Definition (Übersetzt)]
Der Begriff stammt aus dem Altgriechischen:
- δῆμος (dêmos) = „Volk“
- κράτος (krátos) = „Macht“ oder „Herrschaft“
Bedeutet also Herrschaft des Volkes und wurde erstmals im antiken Athen (ca. 5. Jh. v. Chr.) verwirklicht. Dort waren die Bürger (nicht inklusive: Frauen, Sklaven und Ausländer) durch die erste Form der direkten Demokratie an politischen Entscheidungen beteiligt. [Q2]
Die Säulen
Mit diesem Grundverständnis lassen sich die Säulen der Demokratie ableiten:
1. Freie Wahlen
Bedeutung: Freie, gleiche und geheime Wahlen, die die Volkssouveränität garantieren. Sie umfassen alle Angehörigen des Volkes, meist verstanden als alle Angehörigen einer Nation.
Warum essenziell? Wahlen sind die Grundlage für die Verwirklichung der Herrschaft des Volkes.
Beispiel: In Deutschland garantieren unabhängige Wahlleitungen, geheime Stimmabgabe und ein pluralistisches Parteiensystem die freien Wahlen. Im Gegensatz dazu gelten Wahlen in Autokratien als manipuliert: Oppositionskandidaten werden ausgeschlossen, unabhängige Wahlbeobachter behindert und parteitreue Medien beeinflussen die Wählerschaft.
2. Partizipation
Bedeutung: Umfasst Parteien und Parteiarbeit sowie Proteste, Bürgerinitiativen oder zivilgesellschaftliches Engagement.
Warum essenziell? Die Herrschaft des Volkes ist nur dann gegeben, wenn jeder Teil des Volkes auch herrschen kann. Ein freies Parteiensystem ist elementar, aber auch einfache Mittel wie Demonstrationen müssen gegeben sein, um die Herrschaft aller im Volk zu gewährleisten. Ohne diese Säule könnte zwar gewählt, aber nur passiv regiert werden.
Beispiel: In Deutschland fanden im 21. Jahrhundert große Proteste von Fridays for Future, Corona-Maßnahmen-Gegnern und Bauernaufständlern statt. Allesamt waren auf ihre Art stark regierungskritisch, doch wurden vor dem Bundestag genehmigt und brachten sich so im politischen Diskurs auf die Agenda.
Zusätzlich steht in Deutschland jedem der Weg frei, eine Partei zu gründen oder sich als parteiloser zu Wahlen aufstellen zu lassen. Die Regelungen sind transparent und so treten jedes Jahr um die 45 Parteien zur Bundestagswahl an, viele mehr auf Kommunalen Ebenen.
Autoritäre Regime reagieren auf Bürgerinitiativen häufig mit vollumfänglichen Verboten und Partizipation beschränkt sich auf eine staatlich gelenkte Scheinbeteiligung. Meist ist nur eine Partei erlaubt, oder Oppositionen werden vor Wahlen maßgeblich schikaniert.
3. Gewaltenteilung (Rechtsstaat)
Bedeutung: Die Gewaltenteilung zwischen
- Gesetzgebung (Das Parlament)
- Ausführung (wie Behörden, Polizei und Militär)
- Rechtsprechung (meist Gerichte und Richter)
Auch bekannt als Legislative, Exekutive, Judikative des französischen Philosophen Montesquieu in seinem Werk “Vom Geist der Gesetze” (1748).
Warum essenziell? Sie verhindert Machtkonzentration und schützt vor Willkür, indem sie sicherstellt, dass gewählte Vertreter ihre Macht nicht unkontrolliert ausüben können. Zum Beispiel, wenn gewählte Vertreter die Herrschaft des Volkes aushebeln wollen.
4. Medienfreiheit
Bedeutung: Medien, die sowohl privat als auch kommerziell erstellt werden können und von jedermann zugänglich sind. Wichtig ist, dass sie journalistisch, kritisch, investigativ sein können. Vor allem gegenüber dem Staat bzw. den Machthabern.
Warum essenziell? Herrschaft des Volkes ist ohne Transparenz nicht möglich. Nur dort, wo öffentliche Kontrolle möglich ist – umgangssprachlich: wo den Machthabern auf die Finger geschaut werden kann – kann das Volk auch faktisch über die Machthaber bestimmen und damit sich selbst wahrhaft beherrschen.
5. Menschenrechte
Bedeutung: Die Achtung der Menschenrechte, wie sie von der Gesellschaft definiert werden. Nach heutigem Standard bietet die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte die weltweit anerkannteste Definition. (Universal Declaration of Human Rights, kurz: UDHR) [Q3]
Warum essenziell? Diese Rechte schützen Minderheiten und damit vor einer Diktatur der Mehrheit, in der nicht mehr das Volk, sondern nur noch ein Teil des Volkes herrscht.
Der Demokratieindex
Eine detaillierte und standardisierte Untersuchung wie demokratisch ein Land ist bietet die Zeitschrift The Economist. Diese verwendet 60 Fragen, die unterschiedlich gewichtet werden, um die Punkte pro Land zu berechnen. [Q4]
Den bisher höchsten Wert erreichte beispielsweise Norwegen mit 9,93 Punkten in den Jahren 2012 bis 2016 und ist seither das einzige Land, das jemals die 9,9-Marke überschritten hat.
Fazit
Diese fünf Säulen bilden das Fundament einer funktionierenden Demokratie. Sie können als grober Richtwert dienen, um zu ermitteln, ob es sich bei einem Staatssystem um eine Demokratie handelt. Die umfassendste, genauste und einheitliche Bewertung von Demokratien bietet The Economist.
Es sollte immer bedacht werden, dass Demokratie kein unveränderlicher Zustand ist. Jedes demokratische Land ist in seiner Form individuell, und es erfordert ständige Wachsamkeit und Engagement der Bürger, um sie zu bewahren.