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NIUS: Wie neutral und wahr ist das Medium?
8 min 2025-05-03

NIUS und die Meinungsmache

Dieser Artikel widmet sich einer Einschätzung von NIUS. Dazu werden BIAS, also Tendenzen in der politischen Linie, betrachtet – die nicht zwingend negativ zu bewerten sind, wobei eine gewisse Ausgewogenheit natürlich von Vorteil sein kann. Zudem soll eine Einschätzung über die faktische Korrektheit anhand von Stichproben ermöglicht werden. Abschließend wird ein Fazit zur möglichen politischen Absicht gezogen.

Es ist natürlich mit großen Schwierigkeiten verbunden, Artikel und andere Medien auf Neutralität zu prüfen. Wir versuchen bestmöglich, Auffälligkeiten sachlich festzustellen und diese interessant zu präsentieren. Jederzeit kann das Formular unter dem Artikel verwendet werden, um weitere Informationen und Denkanstöße – auch zu Formulierungen – einzureichen, um diesen Artikel möglichst neutral zu gestalten.

Informationen zu NIUS

Das Online-Portal NIUS mit Sitz in Berlin wurde im Juli 2023 gegründet und versteht sich als mediale Alternative zu einer aus Sicht der Gründer „linkslastigen“ Presselandschaft. Getragen wird das Projekt von der Vius SE & Co. KGaA, finanziert durch den Unternehmer Frank Gotthardt. Chefredakteur ist der frühere BILD-Chef Julian Reichelt, der mit dem Portal seine publizistische Linie fortsetzt.

NIUS produziert neben klassischen Online-Artikeln auch Videos, Webradio-Formate und seit 2024 ein eigenes Radioprogramm – ein TV-Angebot ist in Vorbereitung. Die redaktionelle Ausrichtung wird gemeinhin als rechtspopulistisch bis rechtskonservativ beschrieben. Kritiker bemängeln, dass das Portal journalistische Standards mitunter unterläuft – etwa durch mangelnde Trennung von Bericht und Meinung oder zugespitzte Überschriften.

Inhaltlich fiel NIUS wiederholt durch eine einseitige Klimaberichterstattung, polemische Beiträge zur Migrationspolitik und eine generelle Skandalisierung gesellschaftlicher Themen auf. Die Plattform geriet mehrfach ins Visier von Medienaufsichtsbehörden und juristischen Instanzen – unter anderem wegen umstrittener Aussagen zur Seenotrettung und Auseinandersetzungen mit der Antidiskriminierungsstelle des Bundes.

Auch intern gab es Reibungen: Einzelne prominente Mitwirkende wie Jan Fleischhauer zogen sich zurück und kritisierten den zunehmend konfrontativen Ton. Ungeachtet der Vorwürfe verfolgt NIUS seinen Anspruch weiter, als „Stimme der Mehrheit“ aufzutreten – mit Formaten, die sich stark auf meinungsgetriebene Inhalte stützen und die Polarisierung nicht scheuen.

Politische Tendenz (Bias)

Eine umfassende Prüfung samt Quellenangaben und Datensätzen steht noch aus. Zur Bewertung wurden seit der Gründung von NIUS bis Anfang 2025 jeweils die Startseite der Website zum 1. und 15. des Monats betrachtet. Eine Tendenz nach rechts ließ sich klar erkennen. Die AfD wird häufig erwähnt; kritische Artikel über sie ließen sich aktuell nicht finden. Beispielsweise bei der Einstufung als rechtsextrem bleibt eine Einordnung aus. Es fällt jedoch auf, dass – anders als bei Compact – keine direkten AfD-Werbeanzeigen geschaltet werden. Parteien von CDU bis Linke werden häufig in den Artikelbannern und Titeln dämonisiert. Themen wie Migration und Queerness werden tendenziell im negativen Kontext erwähnt; auch hier ließen sich keine positiven Einordnungen finden.

Doppelte Standards

Einer der prominentesten Kanäle von NIUS, der auf der Startseite der Website hervorgehoben wird, trägt den Namen „Giounzensiert“. Der zugehörige YouTube-Kanal behandelt verschiedenste Gesellschaftsthemen. Tendenzen sind klar erkennbar, etwa bei Titeln wie „Darum ist Trump Gesundheitsminister die richtige Wahl“ – eine Perspektive, die sich sicherlich diskutieren ließe, jedoch wird in diesem Video jegliche Kritik ausgespart. Es wird auch nicht darauf hingewiesen, wo man sich für eine Gegenperspektive informieren könnte. Insgesamt behandeln die Videos die AfD in Titeln wie „Die AfD muss integriert werden“ ausschließlich positiv; ebenso Trump und Sahra Wagenknecht. Im Gegensatz dazu werden das ZDF und dessen Moderatoren wie Jan Böhmermann, Sarah Bosetti und andere negativ dargestellt. Wokeness und Feminismus werden einseitig kritisiert.

Bei der Recherche ließ sich auch feststellen, dass zumindest teilweise Standards aufgestellt werden, an die man sich selbst nicht hält. So fordert NIUS, dass weder von linker noch von rechter Seite Morde oder Tötungen instrumentalisiert werden sollten. Wenige Monate zuvor lässt sich jedoch genau das in den eigenen Videos beobachten:

Problematik mit gezeigtem Ausschnitt

Bei dem ihrer Ansicht nach "instrumentalisierten" Fall handelt es sich um die Erschießung Lorzens. Der 21-Jährige wurde am 20.04.2025 beim Weglaufen vor der Polizei von ihnen durch fünf Kugeln erschossen. Zuvor soll er bei einer Streitigkeit Pfefferspray eingesetzt haben, nachdem er bei einem Club nicht eingelassen wurde. Da Schüsse von der Polizei ausschließlich in gefährdenden Situationen oder besonders schweren eingesetzt werden sollten und Bodycams ausgestellt waren, wirft der Fall Fragen auf: Wie legitimieren die zu professionell handelnden Beamten die Schussabgabe? Hätten sie auch geschossen, wenn Lorenz weiß gewesen wäre? – Dieser Teil, also die Beschreibung des bisher bekannten Tatverlaufs und die "berechtigten Fragen“, werden im Video auch aufgegriffen.

Die gezeigte Stelle lässt jedoch außen vor, dass Lorenz' Vater sich den Medien selbst öffnete und Interviews gab, anders als in vielen anderen in der Öffentlichkeit präsenten Fällen. Dabei habe die Familie auch Bilder Lorenz' für die Presse freigegeben, um über diesen Fall Berichten zu können. [Q1] Zusätzlich, und das ist besonders wichtig, lief der Vater mit weiteren Angehörigen und Freunden auf der 'Gerechtigkeitsdemonstration' wenige Tage später mit und hielten dort Reden. Der Vater trug ein Plakat mit der Aufschrift "Stop Killing Us" neben ihm auf der Bühne, weitere wie „Tödlicher Einsatz? Oder tödlicher Rassismus?" und "3 Kugeln von hinten. Wer war hier die Bedrohung?". Der Hauptbanner schreibt "No Justice no Peace, Disarm The Police" (Keine Gerechtigkeit kein Frieden, entwaffnet die Polizei). [Q2] Diese Informationen waren auch schon mehrere Tage vor Veröffentlichung des Videos bekannt. Lässt sich also wirklich von einer „Instrumentalisierung" sprechen, wenn Angehörige selbst auf den Fall aufmerksam zu machen versuchen und auf linken Demonstrationen mitlaufen und sprechen? Warum wird die aktive Partizipation des Vaters an der Publikmachung im NIUS-Video unerwähnt gelassen? Warum ist das Verwenden des anderen Falls in ihren Augen legitim, obwohl das Erwähnen von Todesopfern für politische Zwecke wenige Monate später derart kritisiert wird? – Diese Fragen werden im Verlauf der Recherchen noch mit NIUS geteilt.

Mitwirkende
Clarify Wiki Author: Jorit Vásconez Gerlach Jorit Vásconez Gerlach
Selbst Mitwirken
Themen
NIUS, Medien, Politik
Offene Frage?

Diese Seite wurde zuletzt am 03. Mai 2025 um 23:28 Uhr bearbeitet.