Fleischkonsum vs. Rauchen: Wie krebserregend ist es?
Im Netz und somit sicher auch in alltäglichen Gesprächen kursiert die Behauptung, dass das Essen von Fleisch (manchmal mit engeren Spezifikationen) genauso schädlich sei wie Rauchen.
Davon abgesehen, dass „Fleisch essen“ und „Rauchen“ in völlig unterschiedlichen Maßstäben stattfinden können und die These allein deshalb schon schwer nachvollziehbar ist, lohnt sich dennoch ein genauerer Blick. Denn es zeigt sich, dass doch recht viel an der Aussage korrekt ist.
Was an der Aussage stimmt
Zum Thema erscheint es am sinnvollsten, zunächst zu überprüfen, was an der Aussage korrekt ist. Bereits in den Quellen verwiesen die Ersteller mehrfach auf die WHO, genauer gesagt auf deren Unterorganisation International Agency for Research on Cancer (IARC), also jene Organisation, die sich spezifisch mit Krebs beschäftigt.
Verzehr von verarbeitetem Fleisch und Rauchen von Tabak gleich zertifiziert?
Auf deren Website findet sich eine Liste der untersuchten Stoffe und Wirkstoffe, basierend auf Fachveröffentlichungen der Organisation. [Q1] Diese Tabelle zeigt tatsächlich, dass verarbeitetes Fleisch (processed meat) und das Rauchen von Tabak (tobacco smoking) in der gleichen Gruppe klassifiziert sind.
Man könnte daher leicht annehmen, dass durch die gleiche Klassifizierung auch eine ähnliche Wirkung besteht. Das ist jedoch nicht der Fall. Die Gruppen definieren ausschließlich, wie wissenschaftlich belegt ein erhöhtes Krebsrisiko ist, nicht aber den Wirkungsgrad. [Q2] So befinden sich beispielsweise auch Röntgenstrahlen in der gleichen Klasse, obwohl sie medizinisch notwendig sein können.
Was an der Aussage nicht stimmt
Aus dem vorherigen Abschnitt lässt sich bereits ableiten, dass es Unterschiede in der Wirkung gibt. Ein Blick in die jeweiligen Dokumente der Organisation zeigt, dass beim starken Rauchen eine Krebsförderung für folgende Organe und Bereiche festgestellt wurde: [Q3]
- Lunge
- Harntrakt
- Niere
- Magen
- Leber
- Mundhöhle
- Nasenhöhle
- Nasennebenhöhlen
- Speiseröhre (Plattenepithel- und Adenokarzinom)
- Kehlkopf
- Nasopharynx
- Oropharynx
- Hypopharynx
- Pankreas
- Zervix (Gebärmutterhals)
- Myeloische Leukämie
Während beim Verzehr von 50 g verarbeitetem Fleisch lediglich ein Risiko festgestellt wurde: [Q4]
- Darm
Die gesamte Liste basiert ausschließlich auf den Angaben der WHO und ist im Fall des Rauchens möglicherweise nicht vollständig. Es könnten weitere relevante Metastudien existieren, die von der WHO noch nicht evaluiert wurden. Sollte die WHO künftig korrigierende Publikationen veröffentlichen, bitten wir um Einreichung über das Formular unten.
Die aufgeführte Liste zeigt den Unterschied im Gefährdungspotenzial bereits eindeutig. Der Risikofaktor bei Lungenkrebs liegt allein deutlich höher als der für Darmkrebs durch Fleischkonsum, bei etwa 7.790 Prozent, wenn man den Durchschnitt betrachtet. [Q5]
Gleiches Risiko bei Darmkrebs
Betrachtet man konkret den Bereich des Darmkrebses, finden sich in der IARC-Veröffentlichung Hinweise auf eine Risikoerhöhung um rund 18 Prozent beim Verzehr von 50 g verarbeitetem Fleisch, zum Beispiel Mortadella, Salami oder ähnlichem. [Q6] Die gleiche Studie erkennt übrigens auch einen Anstieg bei rotem Fleisch, etwa Steak. Die IARC kategorisiert diesen Zusammenhang jedoch noch als wahrscheinlich, nicht als sicher.
Eine Studie aus dem Jahr 2008 zeigt zudem, dass beim Rauchen über einen Zeitraum von 30 Jahren ebenfalls eine Risikoerhöhung um 18 Prozent für Darmkrebs auftritt. [Q7]
Fazit
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Rauchen das Krebsrisiko insgesamt deutlich stärker anhebt als der Konsum von verarbeitetem oder rotem Fleisch. Betrachtet man jedoch nur Darmkrebs, so steigt das Risiko bei täglichem Konsum von verarbeitetem Fleisch ähnlich stark wie bei regelmäßigem Rauchen.
Beim Fleischkonsum gibt es theoretisch einen gesundheitlich vertretbaren Rahmen, da Fleisch im Gegensatz zum Rauchen auch gesundheitsfördernde Stoffe enthalten kann. Diese Stoffe sind jedoch keineswegs exklusiv für Fleisch, und das Töten eines fühlenden Individuums ist in keinem Fall notwendig.